Die Ankunft

Schnee, der wie Zucker funkelt

Hoang Pham wird für Jahre seine Heimat nicht mehr sehen.

Dreizehn Stunden später im Südosten von Berlin: Kalter, eisiger Wind pfeift um das Flugzeug vom Typ Ilyuschin. Kurz blicken die Fluggästen in Richtung der niedrig stehenden Wintersonne am Berliner Horizont, dann huschen sie die Stufen der Flugzeugtreppe hinab und in den Bus, der auf dem Rollfeld bereits auf sie wartet.

Flughafen Schönefeld 1988 (Felix Goetting/GNU-Lizenz) 

Mehrere Stunden lang fahren die rund 50 Vertragsarbeiter in Richtung Erfurt. Vor den Scheiben rauscht ein fremdes Land stumm an ihnen vorbei. Kaufhallen, Nadelwälder, grauer Putz und Schnee, der vom Ruß der Kohleöfen schwarz gefärbt ist. Dann wieder Nadelwälder. Schließlich kommen sie in ihrer Unterkunft an.

“Das war das erste Mal, dass wir Schnee gesehen haben”

Hoang Pham erinnert sich an die ersten Momente in der neuen Heimat: “Die einprägsamste Erinnerung war, als wir aus dem Bus ausstiegen und viele nur Sommersandalen anhatten. Mir wurde gesagt, dass es in Deutschland zu dieser Zeit sehr kalt sein würde und man feste Schuhe brauche, aber ich hatte nur dünne Schuhe. Als die anderen aus dem Bus ausstiegen, spürten sie den Schnee durch die Sandalen und fingen an zu springen und zu schreien. Wir wussten doch nicht, dass es Schnee war. In diesem Augenblick  waren wir so glücklich, dass wir für einen Moment die Müdigkeit und Kälte vergaßen. Das war das erste Mal überhaupt, dass wir Schnee gesehen haben. Manche von uns fingen an, den Schnee aufzusammeln und zu werfen. Andere haben ihn gekaut oder daran gerochen. Für uns sah der Schnee wie Zucker aus,der vom Himmel fällt. Manche wollten zuhause in Vietnam anrufen, um zu erzählen, was es in Deutschland alles gibt. Es haben Leute sogar versucht den Schnee einzupacken, um ihn nach Vietnam zu schicken. Damals in Vietnam war Zucker sehr kostbar. Es gab ihn monatelang nicht zu kaufen. Den Schnee zu sehen, war ein sehr schöner Moment für uns.”

Hoang Pham, ein weiter Vertragsarbeiter und einer der deutschen Kollegen beim abendlichen Biertrinken in der Unterkunft. (privat)

Männer und Frauen lebten getrennt

Hoang Pham arbeitete im Beton-Fertigteilwerk WBK Erfurt. Die Vertragsarbeiter wohnten in einem eigenen Wohnblock und wurden in einzelne Wohnungen aufgeteilt. Frauen und Männer lebten getrennt. Meist wohnten sechs oder sieben Vertragsarbeiter in einer Wohnung. Für die meisten waren die möblierten Wohnungen ungewohnt.

Manche trauten sich zunächst nicht, auf den weichen Matratzen zu schlafen, weil sie noch neu und ungewohnt waren. Stattdessen entfernten sie die Matratzen und schliefen auf dem harten Lattenrost. Auch die Dusche war für viele ein nicht gewohnter Luxus. Manche wussten nicht, wie mit der unbekannten Apparatur umzugehen war und duschten mit dem Duschkopf in der Hand außerhalb der Dusche.

“Rückblickend natürlich ist das sehr witzig”, sagt Hoang Pham heute: “Aber damals wussten wir nicht, wie wir damit umgehen sollten und waren sehr überfordert.”

Ehemalige Vertragsarbeiter-Unterkunft in Berlin-Hohenschönhausen. Nach der Wende musste die Bewohner ausziehen und die Gebäude verfielen. (Pascal Volk/CC BY-SA 2.0)

Er und seine Mitbewohner arbeiteten im Schichtsystem. Privatsphäre gab es keine.

Jeder Wohnblock hatte ein oder zwei Wachmänner am Hauseingang, die die Sperrzeiten und den Besuch kontrollierten. Die Vertragsarbeiter mussten ihre Arbeitspapiere immer bei sich haben, um sie gegebenenfalls vorlegen zu können. Für die DDR-Behörden waren die Neuankömmlinge vor allem ökonomisch benötigte Unterstützer, keine potentiellen Neubürger. 

Auch Herr Trien Vu machte diese Erfahrung. Als er 1987 in die DDR kam, wusste er nicht, an welchem Ort er eingesetzt werden sollte. Zu seiner Überraschung brachte man ihn und seine Kollegen in keine der großen Städte wie Berlin oder Leipzig, sondern nach Reichenbach ins Vogtland. Dort angekommen, wurde die Gruppe aufgeteilt. Abgezählt wurde nicht nach Namen, sondern nach Nummern. “Damals dachte ich, dass ich meine Identität verloren habe”, sagt er nachdenklich. “Heute denke ich, dass es vor allem wegen der Aussprache war.”

Das große Ziel: Mit einem Moped zurück nach Vietnam

Gemeinsam mit einem deutschen Gruppenleiter gingen er und seine Kollegen das erste Mal in Deutschland einkaufen. “Wir dachten vor allem an unsere Verwandtschaft. Zu meinen ersten Einkäufen gehörten eine gefütterte Militärjacke für meinen Großvater und mehrere Trainingsanzüge. Das war damals sehr modern.” Der Traum vieler Vertragsarbeiter war es, eines Tages mit einem Moped oder Fahrrad nach Vietnam zurückzukehren.

Kolleginnen von Hoang Pham posieren für ein Erinnerungsfoto in der gemeinsamen Unterkunft. (privat)

Doch zunächst mussten die Vertragsarbeiter, von denen die meisten in ihrer vom Krieg gezeichneten Heimat nie verreist waren, lernen, was es bedeutete in einem fremden Land zu leben. Der Kontakt zu den deutschen Kollegen war selten. Offiziell verboten war der Austausch zwar nicht, doch nach zwei Wochen Deutschkurs fühlten sich nur die wenigsten in der Lage eine spontanes Gespräch zu führen. “Viele haben gebraucht, um zu realisieren, wie weit weg sie von zu Hause sind”, erzählt Herr Trien Vu. “Gerade die älteren von uns hatten es nicht leicht. Sie haben oft monatelang geweint, weil sie Sehnsucht nach der Heimat hatten.”

Hoang Pham erinnert sich gerne an die Gemeinschaft unter den Vertragsarbeitern. Doch es gab auch Schattenseiten im DDR-Alltag.

Für Dinh Thi Quyt, die heute als Rentnerin in Halle an der Saale lebt, war die Reise in die DDR dagegen die Chance ihres Lebens: “Der Krieg hat Vietnam zerstört. Es gab für uns keine Perspektive. Als meine Familie vom Austauschprogramm hörten, habe ich nicht gezögert.” Dabei wusste sie selbst kaum, wie das Leben in der DDR aussehen würde: “Ich hatte keine Vorstellungen was mich erwartet. Ich habe nur von Bekannten gehört, dass sie dort Arbeitskräfte suchten und man viel Geld verdienen konnte. Natürlich hat es mich auch gereizt, wie die Welt außerhalb Vietnams aussieht und ich wollte neues kennenlernen.”

Arbeit und Alltag

Neue Freunde, neue Probleme

Bereits Mitte der Sechziger Jahre kamen die ersten Vietnamnesen in die DDR. Als Ziel war zunächst nur die “Vertiefung der Brüderlichen Zusammenarbeit” vorgesehen. Gemeint war damit ein begrenztes Qualifizierungsprogramm für ausgewählte Arbeitskräfte.

Die meisten Vertragsarbeiter kamen erst in der Spätphase der DDR

Ein Zusatzprotokolle aus dem Jahr 1985 veränderte jedoch den Charakter der Zusammenarbeit. Jetzt stand die Arbeitsleistung der Vertragsarbeiter für die DDR im Vordergrund. Waren von 1980 bis 1985 insgesamt lediglich 10.000 Vietnamnesen eingereist, kamen allein in den beiden Jahren 1987-1988 rund 60.000 neue Vertragsarbeiter hinzu. Damit stellten sie den größten Teil der Vertragsarbeiter in den letzten Jahren der DDR.

Statistik zur Anzahl der Vertragsarbeiter in der DDR.

Nur 1,2 Prozent der DDR-Bevölkerung waren 1989 Vertragsarbeiter

Trotz der rasch gestiegenen Zahl blieben die Vertragsarbeiter mit den Gastarbeitern in Westdeutschland eine verschwindend kleine Minderheit. 1989 stellten sie, alle Gruppen zusammengerechnet, gerade einmal 1,2 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Ihren Alltag verbrachten die Vietnamnesen oft für sich. In den Wohnanlagen wohnten insgesamt meist mehrere hundert Vertragsarbeiter, so dass fast jede Woche irgendwo ein Geburtstag gefeiert wurde. Zu Festen wie Tét, dem vietnamnesischen Neujahr oder an Weihnachten wurden auch die deutschen Kollegen eingeladen. Umgekehrt waren die Einladungen seltener.

Hoang Pham und seine Kolleginnen waren noch jung, als sie in die DDR kamen. (privat)

“Ich bin einmal in eine Kneipe gegangen. Als ich den Raum betrat, waren sofort alle Augen auf mich gerichtet. Sie haben mich angesehen als wäre ich ein Außerirdischer”, erzählt Herr Trien Vu: “Irgendwann war aber das Eis gebrochen und die Blicke wurden weniger.”

Später wurden die Kontakte immer häufiger. Viele Vietnamesen nähten sich ihre Kleidung selbst, um Geld zu sparen. Diese Fähigkeiten weckten auch bei vielen Deutschen schließlich das Interesse an den neuen Kollegen. Nicht wenige Vertragsarbeiter profitierten später noch von diesen Erfahrungen.

Frau Quyt hatte Glück bei ihrer Arbeit. Doch manches in Deutschland blieb für sie ungewohnt.

Für Dinh Thi Quyt wurde eine ältere Kollegin aus ihrer Nähfabrik zum ersten Anknüpfungspunkt in Deutschland. “Man könnte fast sagen, sie hat mich adoptiert”, erzählt sie heute lachend. Diese Fürsorglichkeit von einer Deutschen war am Anfang fremd für sie. “Die Frau und ihre Familie haben mich nicht nur als Arbeiterin gesehen, sondern als Familienmitglied. Das war unglaubliches Glück.” Noch nach der Wende hatte sie Kontakt zu ihrer Kollegin. Eine Ausnahme.

Viele Vertragsarbeiter versuchten erst gar nicht, sich in Deutschland vollständig einzuleben. Für viele der meist jungen Vietnamesen war der Aufenthalt, ob gewollt oder nicht, ohnehin nur begrenzt. Schon in Vietnam war den Jugendlichen beigebracht worden, sich im kommunistischen Kollektiv unterzuordnen und sich für das Wohl der Gemeinschaft zurückzunehmen.

Die fünf Tugenden Ho Chi Minhs an die Jugend:

  • Liebe die Heimat, liebe das Volk!
  • Lerne gut, arbeite gut!
  • Übe Solidarität und halte Disziplin!
  • Halte Sauberkeit!
  • Sei bescheiden, ehrlich und tapfer!

Für die Vertragsarbeiter waren diese Sprüche dabei weniger moralische Leitlinien als schlicht Durchhalteparole. Oft hatten sie nur monotone und einseitige Tätigkeiten zu verrichten, vielen der meist körperlich kleineren Vietnamesen fiel die Bedienung der oft veralteten Maschinen besonders schwer. Auch wenn sie offiziell mit den deutschen Kollegen gleichgestellt waren, interessierten sich die Vertreter des Gewerkschaftsbundes FDGB nur selten für die Belange ihrer ausländischen Kollegen.

Rassismus gab es auch schon vor 1990

Doch auch außerhalb der Arbeit gab es im DDR-Alltag immer wieder Probleme. “Uns wurde gesagt, dass wir es abends vermeiden sollten rauszugehen”, erinnert sich Hoang Pham. Immer wieder kam es zu Übergriffen auf Ausländer. Deshalb versuchten die Vietnamesen oft in einer Gruppe zusammen zu bleiben, um gegenseitig aufeinander aufpassen zu können.

Offiziell gab es in der per Staatsdoktrin antifaschistischen DDR keine Nazis mehr, tatsächlich loderte der Fremdenhass schon vor 1990 in vielen Bezirken. Die Staatsführung reagierte auf solche Konflikte meist mit Härte – vor allem gegen die Vietnamesen, denen laut §5 des Ausländergesetzes jederzeit der Aufenthaltsort festgeschrieben werden konnte.

Wer schwanger wurde, musste gehen

Für die weiblichen Vertragsarbeiter drohte aber noch eine andere Gefahr: Denn im Fall einer Schwangerschaft mussten sie mit der sofortigen Auflösung ihres Vertrags rechnen. Für die Betroffenen bedeutete dies, dass sie ihre privilegierte Stellung verloren und mit deutlich weniger Geld vorzeitig zurück nach Vietnam mussten. Als einziger Ausweg blieb vielen nur ein Schwangerschaftsabbruch, der dann aber innerhalb weniger Tage erfolgen musste. Für viele der meist buddhistisch erzogenen Vietnamesen eine Tragödie. 

“Auch ich habe das erlebt”, sagt Trien Vu, der heute zu den wenigen ehemaligen Vertragsarbeitern gehört, die offen über das Thema sprechen. “Es war sehr schlimm.” Weil die betroffene Kollegin selbst kaum verstand, was die Vorgesetzten ihr sagten, lag es an ihm, ihr die beiden Optionen vorzustellen. “Sie konnte sich nicht für einen Abbruch entscheiden. Sie konnte es einfach nicht und hat nur geweint. Wir haben dann alle Geld gesammelt, damit sie nach ihrer Rückkehr zumindest etwas Geld hatte.”

Nach der Wende

Wichtiges Informationsmedium war für viele Vertragsarbeiter das DDR-Fernsehen. Nicht wenige kannten das Land um sie herum ausgerechnet vor allem durch die Nachrichtensendung Aktuelle Kamera.

Für Herr Trien  Vu begann das Ende der DDR mit einem Knall: “Unsere Tür wurde aufgeschlagen und unserer Betreuerin kam herein, um uns zu sagen, dass wir lieber zurückgehen sollten, weil die Faschisten im Aufmarsch seien. Das waren ihre Worte.” 

“Der Mauerfall war eine Überraschung für uns alle”, erinnert sich auch Dinh Thi Quyt. “Wir arbeiteten viel und was im Fernsehen kam, verstanden wir einfach nicht. Von heute auf morgen standen wir vor dem nichts.”

3000 Mark für eine Rückkehr ins Ungewisse

Denn mit dem Ende der DDR-Wirtschaft wurden auch die mehreren zehntausend Vertragsarbeiter plötzlich nicht mehr gebraucht. Wer freiwillig ging, erhielt 3000 Mark auf einmal. Für die meisten ein einmaliges Angebot.

Herr Tien Kim Le erinnert sich gut an das Leben in der DDR. Am liebsten redet er über die schönen Seiten. 

Doch wer das Geld wollte, musste sich oft innerhalb einer Woche entscheiden, erinnert sich Herr Trien Vu: “Wir waren 400 Menschen, die gemeinsam gearbeitet haben. Und dann kamen Tag für Tag die Busse und haben sie abgeholt. Am Ende sind sieben Leute in unserem Wohnblock übrig geblieben. Einer davon war ich. Es war unglaublich schwer.”

Während sich die Deutschen zunächst taumelnd in den Armen lagen, brach für viele Vietnamesen eine Welt zusammen. Kurze Zeit später verloren auch viele Deutsche ihre Arbeit. Aus Kollegen wurden innerhalb weniger Monate plötzlich Konkurrenten.

Vietnamesen verkaufen 1991 in Naumburg illegal Zigaretten. (Joachim F. Thurn/Bundesarchiv CC BY-SA 3.0) 11.-18.8.1991 Bundesland Sachsen-Anhalt Naumburg/Saale, Schwarz- und Straßenhandel

Für diejenigen, die in Deutschland bleiben wollten, ging es darum, innerhalb weniger Monate eigenes Geld zu verdienen. Denn nur, wer einen Job fand oder, öfter noch, erfand, konnte mit einer langfristigen Aufenthaltsgenehmigung rechnen. “Doch wir hatten schon Mühen eine eigene Wohnung zu finden”, so Herr Trien Vu. “Es war aussichtslos. Also haben wir angefangen, einfach alles zu verkaufen, was ging. Ob Zigaretten oder Kassetten, das war uns egal.”

Herr Trien Vu erzäht wie er aus seiner Wohnung vertrieben wurde.

Hauptsache Arbeit, egal wie

Weil viele Deutsche den ehemaligen Vertragsarbeitern weder Wohnraum noch Arbeit vermitteln wollten, begannen die Vietnamesen vielerorts, sich selbst zu helfen. Imbisse, Spätverkäufe, Gemüseläden oder Nähstuben sprossen in ganz Ostdeutschland aus dem Boden.

Ein Zeitzeuge, der sich heute schämt, seinen Namen öffentlich zu lesen, erinnert sich: “Wir waren mehrere Männer, die alle keine Arbeit fanden und nicht Nähen und Kochen konnten. Also haben wir selbst überlegt, wie wohl chinesische Küche geht. Einer konnte das ein bisschen, der hat es dann erklärt. Der Rest hielt zusammen und innerhalb weniger Monate arbeiteten wir alle in einem kleinen Imbiss.”

Gewalt und Hass waren jahrelang an der Tagesordnung

So gleichgültig die Behörden offenbar mit solchen Geschäftsmodellen umgingen, so desinteressiert waren sie jedoch auch, wenn Vietnamesen im Nachwende-Deutschland den Notruf wählten. Immer wieder kam es zu rassistisch motivierten Übergriffen auf Migranten. Öffentliche Beleidigungen, Steinwürfe und Drohungen waren auch außerhalb von Rostock-Lichtenhagen jahrelang an der Tagesordnung. 

Das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen wurde 1992 zum Synonym für die Fremdenfeindlichkeit im wiedervereinigten Deutschland. (Anne Roth/CC BY 2.0)

“Es interessierte schlicht keinen”, erzählt Trien Vu rückblickend. “Niemand wollte das wissen. Wir Vietnamesen mussten uns selbst helfen, von der Stadt oder unserer Botschaft konnten wir keine Hilfe erwarten, von der Polizei sowieso nicht. Dort, wo ich wohnte, hatte jeder eine Eisenstange zu Hause.”

Zu Hause war für viele Vietnamesen in den 1990ern ein Fremdwort. Doch noch heute lebt ein großer Teil der früheren Vertragsarbeiter auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.

Hoang Pham (rechts) mit einem ehemaligen Kollegen beim 30-jährigen Jubiläum der ehemaligen Vertragsarbeiter im Betonfertigteile-Werk WBK Erfurt. (privat)

Aus den hastig zusammengebauten Imbissbuden und Nähstuben sind inzwischen nicht selten kleine bis mittelständische Unternehmen geworden. Herr Trien Vu betreibt heute eine Näherei, Hoang Pham ist ebenfalls selbstständig, Frau Quyt inzwischen in Rente.

Doch sind sie hier auch zu Hause? “Diese Frage begleitet mich ein Leben lang”, sagt Herr Trien Vu. “Für mich ist Deutschland mein Zuhause und Vietnam meine Heimat. Zurückzukehren bleibt nur ein Traum. Ich habe mir hier etwas aufgebaut und Kinder, das kann man nicht einfach so aufgeben.”

Das fremde Land mit dem Zucker-Schnee ist, so scheint es, ein Zuhause geworden. Nicht trotz, sondern gerade wegen der schweren Zeiten.

2 Kommentare zu „

  1. Interessant auch mal die Seite der Vietnamesen zu erfahren. Sie hatten es nicht einfach, aber scheinbar haben viele doch etwas daraus gemacht. Durch Fleiß und Disziplin haben sie sich selbst ein neues Leben aufgebaut. Das verdient meine Achtung. Asiaten sind generell höfliche, zurückhaltende und fleißige Menschen, die ich mag. Kurz vor Weihnachten gehts für mich auch ein paar Wochen nach Vietnam, ich freue mich schon..

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  2. Vielen Dank für diese interessanten Informationen – ich bin Geschichtslehrerin in Mecklenburg-Vorpommern und freue mich, die Zeitzeugenaussagen im Unterricht anbieten zu können!

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